Aufruf + Graffiti zum Prozessauftakt [ATESH]

Aufruf + Graffiti zum Prozessauftakt gegen Ali Ishan Kitay von ATESH – Für eine sozialrevolutionäre Perspektive:

Am Montag, den 13. August 2012 beginnt der Prozess gegen unseren Genossen Ali Ihsan Kitay vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg. Bis Ende des Jahres wurden bereits 36 Prozesstermine angesetzt. Hierzu rufen wir ausdrücklich zur aktiven Solidarität mir Ali Ihsan auf. Kommt alle zur Kundgebung am 13. August ab 08:15Uhr vor dem Oberlandesgericht in Hamburg. Der Prozess beginnt um 09:00Uhr.

Wie bekannt, wird Ali Ihsan seit dem 12. Oktober 2011, also mittlerweile fast 11 Monate, in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg-Holstenglacis in Isolationshaft gefangen gehalten . Er saß bereits 20 Jahre in der Türkei im Gefängnis und wurde dort mehrfach schwer gefoltert. Hier, in der BRD, wird ihm die „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ gemäß §129b vorgeworfen, denn er soll von 2007 bis 2008 in Hamburg und der nördlichen Region leitender Kader der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gewesen sein. Hierbei obliegt es dem Justizministerium, zu entscheiden ob eine Organisation „terroristisch“ ist oder sie einen legitimen Befreiungskampf führt. Das dabei immer die politischen und ökonomischen Interessen des deutschen Imperialismus im Vordergrund stehen, ist offensichtlich. Die kurdischen Gebiete sind als Knotenpunkt für Energie- und Wasserprojekte von hohem geostrategischen Interesse für die BRD. Außerdem ist die Türkei nicht nur NATO-Bündnispartner Deutschlands, sondern auch noch drittgrößter Abnehmer deutscher Rüstungsexporte.
Es ist bezeichnend, dass parallel zu der seit 2009 anhaltenden Massenverhaftungswelle in der Türkei, die Kriminalisierung und Repression gegen die kurdische Bewegung in der BRD zunimmt. In der Türkei und Nordkurdistan wurden im Laufe der letzten drei Jahre mehr als 7000 Genoss_innen im Rahmen der sogenannten „KCK – Verfahren“ inhaftiert. Zeitgleich wurde Mitte Juli 2011 der Friedensdialog mit dem auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierten Abdullah Öcalan und der PKK von dem türkischen Staat abgebrochen und seither befindet sich Öcalan in Totalisolation. Desweiteren setzte die türkische Regierung immer weiter auf eine erneute militärische Eskalation des Konflikts mit der Guerilla der PKK, den Volksverteidigungskräften (HPG).
Währenddessen begann die BRD ab 2010 erstmals die kurdische Bewegung mittels §129b zu verfolgen, so auch Ali Ihsan. Neben ihm befinden sich zurzeit vier weitere kurdische Genoss_innen wegen §129b in U-Haft und gegen eine bisher unbekannte Zahl wurden Ermittlungsverfahren eröffnet. Dazu kommen regelmäßig Verbotsverfahren gegen z.B. kurdische Kulturvereine und Demonstrationsverbote, wie am 26. November 2011 als eine geplante, bundesweite Großdemonstration gegen das PKK-Verbot in Berlin untersagt, dutzende Busse auf dem Weg dahin abgefangen und eine antifaschistische Demo am selben Tag, die sich solidarisch zeigte und das Verbot thematisierte, mehrmals brutal von der Polizei angegriffen und am Ende zerschlagen wurde.
Trotz aller Repression leistet die kurdische Befreiungsbewegung erfolgreich Widerstand. Seit einigen Jahren treibt die Bewegung die gesellschaftliche Basisorganisierung massiv voran. In Nordkurdistan werden alternative Strukturen aufgebaut, die den türkischen Staat und seine Institutionen zunehmend für nutzlos erklären. Während des kurdischen Widerstandsfest Newroz 2012 nahmen alleine in Amed/Diyarbakir geschätzte eine Million Menschen an der Massenkundgebung und den Demonstrationen teil. Die Guerilla weitet seit einigen Monaten ihren Aktions- und Einflussbereich weiter aus. Die HPG greift immer öfter wirtschaftliche Ziele in Nordkurdistan an, sie führt massenweise Straßenkontrollen durch, attackiert Einrichtungen des türkischen Militärs und es finden immer öfter massive Gefechte statt. So kommt es seit über zwei Wochen in der Region Semdinli zu Auseinandersetzungen zwischen der Guerilla und dem Militär. Das Militär bombardiert unerlässlich und vertreibt die Bevölkerung aus den umliegenden Dörfern, doch die PKK hat hier die strategisch wichtigen Punkte mittlerweile eingenommen und kontrolliert einen Großteil der Region.
Interessant ist außerdem die aktuelle Entwicklung im syrischen Teil Kurdistans/Südwestkurdistan, wo in den meisten Teilen das syrische Regime vertrieben, dessen Institutionen abgeschafft und die Verwaltung von der syrisch-kurdischen Befreiungsbewegung übernommen wurde. Verschiedene Selbstverwaltungsstrukturen wurden gegründet, wie z.B. die bewaffnete Selbstverteidigungseinheiten (YPG) und basisdemokratische Räte in allen Bereichen aufgebaut, so enstanden/enstehen z.B Frauen- und Jugendräte. Wir werden diese Entwicklungen weiterhin mit aller Aufmerksamkeit verfolgen und soweit es geht solidarisch begleiten.

Nun gilt es hier in Deutschland/Europa solidarisch zu sein. Solidarisch mit der türkischen Linken und der kurdischen Befreiungsbewegung. Solidarisch mit den gefangenen Genoss_innen hier. Sei es die türkische Kommunistin Gülaferit Ünsal in Berlin, der Antifaschist Deniz in Nürnberg, Ali Ihsan in Hamburg oder die anderen politischen Gefangenen in der BRD. Wir müssen die Gefangenen immer als Teil der Bewegung sehen, mit den uns möglichen Mitteln die Isolation durchbrechen und verhindern, dass der Staat mit seinem Ziel, Bewegung und Gefangene voneinander zu trennen, erfolgreich ist.
Kommt alle zur Kundgebung am 13. August ab 08:15Uhr vor dem Oberlandesgericht in Hamburg. Der Prozess beginnt um 09:00Uhr.
Wir schließen mit einem Zitat von Ali Ihsan aus dem Knast und verweisen an dieser Stelle noch einmal auf die kürzlich erschienene Broschüre des Bündnis Freiheit für Ali Ihsan, zu den §129b Prozessen gegen Ali Ihsan Kitay und weitere Kurd_innen.

Freiheit für alle politischen Gefangenen! Hoch die internationale Solidarität!

Für weitere Infos:

http://atesh.blogsport.eu/

http://freealiihsan.tk/

„Wir stehen einem System gegenüber, dass seine eigenen Gesetze nicht beachtet, dass Recht nicht respektiert und antidemokratisch agiert. Was macht das Menschsein aus? Kann ein Individuum, das sozial völlig isoliert wird noch seine menschlichen Eigenschaften behalten? Ein Mensch wird durch seine sozialen und kulturellen Aktivitäten zum Mensch. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Der isolierte Mensch ist ein toter Mensch, und dies ist Kern und Ziel der mir aufgedrückten Maßnahmen und gegen mich angewandten Politik.“

Ali Ihsan Kitay in einem Brief aus der Untersuchungshaft 2012

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